Konflikte mit Kindern

In Anlehnung an unseren o. g. Themen-Elternabend am 23. Mai 2013, nachfolgend eine kurze Zusammenfassung von wichtigen Aspekten zur Konfliktbearbeitung mit Kindern.

 

Konflikte gehören zum Leben und zum Zusammenleben dazu. Sie sind ein notwendiger Bestandteil von sozialen Beziehungen und gehören insofern auch zum Alltag jeder Kindertagesstätte. Beziehungen zu knüpfen, Freundschaften zu schließen, gegenteilige Interessen miteinander auszuhandeln, aber auch miteinander streiten, all das gehört zu einer sozialen und kognitiven Entwicklung der Kinder dazu, ist ein Motor der kindlichen Entwicklung.

 

Konflikte zu erleben, bedeutet seelisch und körperlich Spannung aufzubauen. Diese müssen in Handlungen abgeleitet werden, damit sie nicht auf Dauer zu Neurosen oder psychisch verursachten organischen Erkrankungen führen. Dies gilt sowohl für Kinder als auch für Erwachsene. Kinder jedoch haben zunächst weniger Erfahrung und sind zu Beginn ihres Lebens im Umgang mit Konflikten noch nicht geübt. Sie müssen Konfliktbearbeitung lernen.

 

Wie Kinder lernen mit Konflikten umzugehen

 

Konfliktfähigkeit

 

Diese ist abhängig vom individuellen Reifegrad und sozialen Kontext eines Menschen. Dazu notwendige Entwicklungsprozesse können nicht durch Erklärung abgekürzt werden, sondern werden immer wieder selbst und neu erfahren.

 

Konfliktfähigkeit bedeutet unter anderem das Kontrollieren können von (aggressiven) Gefühlen, dafür braucht es einige Voraussetzungen:

 

  • Erleben von Sicherheit, Anerkennung und Zugehörigkeit
  • Konstruktive Verarbeitung von Versagen und Grenzen
  • Aggressionen empfinden und zeigen dürfen
  • Handlungsalternativen gezeigt bekommen
  • Regeln als sinnvoll erleben
  • Nachvollziehbare Konsequenz und Kooperation erleben
  • Konstruktiver Umgang mit Kritik
  • Kognitive Reife

 

Konfliktfähigkeit bedeutet auch, die Perspektive anderer einnehmen zu können. Die Voraussetzungen hierfür sind altersabhängig:

 

In den ersten Monaten

- machen die Kinder im besten Fall die Erfahrung verstanden zu werden

 

Ab etwa 6 Monaten, bewusst in der Autonomiephase

- ist die positive Erfahrung wichtig, selbst etwas bewirken oder erreichen zu können

 

Ab etwa 2 Jahren

- Vermischung eigener und fremder Gefühle, allmähliche Zunahme prosozialen Verhaltens. Beispiel: das Kind bietet einem traurigen anderen Menschen den eigenen Teddy an, weil es dadurch selbst getröstet würde.

 

Ab etwa  4 Jahren

- Differenzierung zwischen eigenen und fremden Gefühlen, prosoziales Verhalten aus Sicht der betroffenen Person. Beispiel: das Kind nimmt viel öfter direkt Bezug auf die Gefühle des anderen und weniger auf die eigenen Gefühle und Bedürfnisse.

 

Erst ab etwa 8 Jahren

- Zu selbstreflektivem Denken fähig sein und erkennen, dass auch der andere das kann. (Vorher hat das Kind ein egoistisches Weltbild. Streitauslöser ist das Verhalten des anderen, eigene Motive sind oft unklar.)

- Ursache und Wirkung einschätzen und fürs eigene Handeln berücksichtigen, zu kooperativer Konfliktlösung in der Lage sein.

 

Einschreiten, wenn der Konflikt eskaliert

 

Bereits die bloße Anwesenheit von Erwachsenen verändert die Situation für Kinder und ist deshalb bereits eine Intervention. Die folgende Übersicht beschreibt mögliche Interventionen von Erwachsenen bei Konflikten unter Kindern, von vorsichtig, ruhig und zurückhaltend bis hin zu aktiv, laut und dominant:

 

Körperliche Präsenz

Aufmerksamkeit auf die Szene richten – in der Nähe des Geschehens sein. Körpersprache einsetzen: z. B. Stirn runzeln, Blickkontakt, sich wortlos dazustellen.

 

Verbale Intervention

Mit Worten beruhigen

Verhalten spiegeln

Zum Miteinander Reden auffordern

An vereinbarte Regeln erinnern

In bestimmten Fällen auch ablenken

Gesprächsführung

Gespräche moderieren

Streit schlichten

Streit beenden durch Erwachsenen-Entscheidung

 

Körperliche Dominanz – wenn Reden nicht mehr hilft

Kurze, klare Anweisungen mit lauter Stimme geben

Konflikt unterbrechen, Kontrahenten trennen, falls nötig körperlich dazwischengehen

Opfer schützen

Streitobjekt entfernen

Spannung abbauen:

„Abkühlen“, aus dem Konfliktraum herausholen, „Auszeit“

 

Reden hilft nur, wenn ein Konflikt noch nicht zu stark eskaliert ist. In eskalierten Konflikten ist die Wahrnehmung eingeschränkt.

 

Gewalt, Aggression - Überlegungen zu Begriffen

 

Es ist eine Frage der Definition und abhängig von gesellschaftlichen Normen und Werten, was unter Gewalt oder Aggression verstanden wird. Jede Zeit, jede Gesellschaft und jede Kultur hat ihre eigenen Standards für Gewalt und Gewaltlosigkeit. Aggression und sogar Gewalt hat einen Norm-Bereich. Gewalt z.B. wird vom Militär und von der Polizei eingesetzt. Es ist unter bestimmten Bedingungen legitim. Aggression ist im alltäglichen Leben ein Mittel zur Durchsetzung von Interessen, z.B. ist es ein häufiges Phänomen im Sport.

 

Zu den Hintergründen von Aggression und Gewalt gibt es unterschiedliche Theorien. Eine wichtige Erklärung liefern amerikanische Psychologen, die davon ausgehen, dass jeder Aggression immer eine irgendwie geartete Frustration vorausgegangen ist. Eine weitere Diskussionslinie wird durch die Theorie gekennzeichnet, dass Aggression gelernt ist. Andere behaupten Aggression sei angeboren. Wahrscheinlich sind alle der genannten Ursachen für die Entstehung von Aggression und Gewalt verantwortlich. Realistisch müssen wir von einer generellen, zumindest in Ansätzen vorhandenen Aggressionsbereitschaft ausgehen.

 

Wie können wir Gewalt möglichst verhindern und was müssen wir in der Erziehung beachten

 

Wir Erwachsenen wollen verständlicherweise ein liebevolles und harmonisches Verhältnis mit Kindern haben. Wir wollen geliebt und anerkannt werden. Aber der Erziehende erlebt selten demonstrativen Beifall. Die Kinder stehen für Wandel, Neugier, Wagemut und Provokation. Wir dagegen stehen für Schutz, Sturheit, Ängstlichkeit und Bewahren-wollen.

 

Das „Böse“ kann selbstverständlich nicht ausgesperrt werden. Insofern ist die Botschaft in der Erziehung wichtig, dass eine heile Welt nicht herstellbar, vielleicht auch gar  nicht wünschenswert ist. Die Präsenz der aggressiven Seite im Menschen muss anerkannt werden. Dies gilt natürlich auch für den Umgang mit Kindern. Z.B. erscheint es wenig sinnvoll, den Versuch zu unternehmen, beim Kind alle Ausdrucksformen von Aggression, wie z. B. das Spiel mit einer Wasserpistole verhindern zu wollen. Eltern, die die Aggression aussperren wollen, schneiden sich von ihren eigenen Kindern ab.

 

Dies bedeutet nicht dass keine Grenzen gesetzt werden sollen. Im Gegenteil! Im Hinblick auf Gewaltprävention in der Erziehung erweisen sich pädagogische Maßnahmen als wichtig, die auch generell eine hohe Bedeutung haben:

 

  • Grenzen setzen
  • Konsequenzen erleben lassen

Beispiel:  Wenn Kinder nur lange genug nörgeln müssen, um zu erreichen, was sie wollen, lernen sie, dass „Aggression“ Erfolg bringt.

  • Konflikte zulassen
  • Konflikte aushandeln
  • Verstärkung/Ermutigung des sozialen Verhaltens
  • Vermittlung von Normen und Werten
  • Vermittlung einer Kultur der Kommunikation und Höflichkeit
  • Entschuldigung und Wiedergutmachung

 

 

 

 

Das Team der PEIG im Mai 2013